Tradierte Managementprozesse: vieles überflüssig, manches gefährlich

Verstaubte, alte Unternehmensorganisationen haben in Web-3.0-Zeiten keine Chance.
Verstaubte, alte Unternehmensorganisationen haben in Web-3.0-Zeiten keine Chance.
Unternehmen können in Zukunft nur noch dann überleben, wenn sie die Intelligenz und die volle Schaffenskraft von Toptalenten für sich gewinnen. Denn der Markt ist gnadenlos. Und die Kunden kennen kein Pardon. Der Wandel von einer klassischen Pyramidenorganisation zum Netzwerkunternehmen müsste also im Eiltempo klappen.

Doch während sich draußen unumkehrbar alles verändert, vertrödeln sich drinnen in den Unternehmen die Manager mit „gängigen“ Verfahren und verbrauchten Ritualen aus dem letzten Jahrhundert: Topdown-Formationen, Silodenke, Insellösungen, Abteilungsegoismen, Hierarchiegehabe, Budgetierungsmarathons, Anweisungskultur, Kontrollitis, Kennzahlenmanie.

In den Schaubildern der Unternehmen sieht es noch immer aus wie anno dazumal. Sie verdeutlichen – mehr als alles andere – die wahre, fossile Gesinnung: Der Chef thront ganz oben, darunter, in Kästchen eingesperrt, seine brave Gefolgsmannschaft. Die Mitarbeiter kommen in solchen Organigrammen nicht einmal vor. Sie werden wie Fußvolk verwaltet und in Abteilungsschubladen organisiert. Und die Kommunikation zu den Kunden läuft über Kanäle.

Crosschannel? Das crosst gar nichts!

Doch Werbekanäle sind nichts anderes als das externe Gegenstück interner Silos und veralteter Topdown-Hierarchien: unvernetzt nebeneinander her agierend. Mit stolzer Brust wird zwar über Multichannels geredet und mit Crosschannel-Expertise geprahlt, doch aus Sicht der Kunden betrachtet crosst gar nichts. Unkoordiniertheit ist Normalität.

In der Auftragsabwicklung können viele ein Lied davon singen, wie sie in die Bredouille geraten, weil der Vertrieb unhaltbare Versprechen macht, um seine Planzahlen zu sichern und/oder attraktive Gratifikationen für sich zu ergattern. Und jeder schiebt bei Patzern dem anderen die Schuld in die Schuhe.

Bei einem besser nicht genannten Premium-Autobauer „gehört“ der Autokonfigurator dem Marketing, wenn er auf der Internetpräsenz angeklickt wird, und dem Vertrieb, wenn dies vor Ort in der Niederlassung passiert. In der Händlerorganisation nutzt der Verkauf ein anderes CRM-System als der Service. „Wie wissen alles über das Auto, aber fast nichts über den, der es fährt“, klagt mir ein Mitarbeiter sein Leid.

Marionettentheater für Sozialanalphabeten

Formalismen, Command & Control sowie der kundenfeindliche Standardisierungswahn sind mit die größten Bremsklötze auf dem Weg in eine neue Business- und Arbeitswelt. Die Zahlenhörigkeit vieler Führungsgremien ist geradezu abstrus. Oft genug wird ganz fanatisch das Falsche getan, Hauptsache, es kann gemessen werden.

Dem Kennziffernjoch kann niemand entkommen. Selbst die Mitarbeiterperformance wird nun über Dashboards und Cockpits gesteuert, so als ob Menschen Maschinen wären, bei denen man die Anzahl der Umdrehungen misst. Gottseidank, sagt der Bürokrat, tauchen ständig irgendwelche Problemchen auf, für die es noch keine Regel gibt, und Vorgänge, für die man flux ein neues Formular basteln kann.

Reportings und Budgetierungsverfahren, durch die ab September die halbe Firma in Lähmung verfällt, fressen jetzt noch mehr Ressourcen. Bisweilen kommt mir das vor wie ein Beschäftigungsprogramm für Sozialanalphabeten. Denn solange man mit Zahlenklauberei zugange ist, muss man sich nicht mit den Menschen befassen.

Mitarbeiter werden via Checklistengespräch geführt. Und ihre Performance wird über Standardprozesse gesteuert. Doch Standards bewirken nur eins: Standardleistungen – und damit langweiliges Mittelmaß. Wer aber seine Mitarbeiter wie Marionetten steuert und zu hirnbefreiten Abarbeitern macht, braucht sich am Ende nicht zu wundern, wenn deren Engagement auf der Strecke bleibt.

Jeder zweite Manager ist quasi überflüssig

Die Hälfte der Managementkosten könnte eingespart werden, würde man sich von Bürokratie, Hierarchien und aufwendigen Zielvereinbarungsplanspielen weitgehend lösen. Was den Unternehmen heute im Markt begegnet, ist permanente Vorläufigkeit. Manager laufen also besser den Kunden hinterher – und nicht den Budgets.

Leider ist das Beharrungsvermögen in den Teppichetagen enorm. Doch weitermachen wie bisher ist keine Option. Ein Re-Start ist dran. Noch vor den technologischen und produktbasierten Innovationen sind jetzt zuallererst Innovationen drinnen im Unternehmen dringendst vonnöten.

Jammern bringt aber nicht weiter. Und Manager-Bashing gibt es genug. Auch Zeigefinger-Bücher sind bestenfalls wirkungslos, wenn sie keine handlungsorientierten Optimierungsvorschläge machen. Denn Angst ohne Ausweg wird einfach verdrängt, und alles bleibt wie gehabt.

Neue Mittel und Wege werden also gebraucht. Und genau an dieser Stelle kommt – mit Verlaub – mein neues Buch „Das Touchpoint-Unternehmen“ ins Spiel. Es bietet eine Fülle von Mitteln, Wegen und Instrumenten auf die drängendste aller Managerfragen: Wenn nicht so wie vorvorgestern, wie dann heute und morgen? Anne M. Schüller

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