Recyclingsystem gescheitert? #Verpackungsgesetz für die Tonne? Deutschland der Plastikmüll-Exportweltmeister @SPIEGELONLINE @SvenjaSchulze68

Henning Wilts hält das deutsche Recyclingsystem für gescheitert. Er ist Abfallexperte am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie und dort für Kreislaufwirtschaft zuständig. Das Versagen zeige sich nirgendwo klarer als beim Plastik. In der ersten Stufe des langen Recyclingprozesses, dem Sammeln, seien die Deutschen noch sehr gut, sagt Wilts. „Danach tun sich Abgründe auf.“ Das berichtet der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe.

Die Bundesregierung gehe aktuell davon aus, dass die Quote recycelten Plastiks bei 39 Prozent liegt. Das hält Wilts für eine „Fiktion“. Bereits vor einigen Monaten kritisierten die Grünen die Berechnungsgrundlage und sprachen von „Schummelquoten“. Rechne man nicht verwertbare Verbundmaterialien und Exporte heraus, käme man auf gerade mal 17,3 Prozent.

Selbst bei den geringeren Anforderungen für die Sammlung, Sortierung und Verwertung von Plastikabfall gab es in der Vergangenheit Probleme. Etwa im grün-schwarz regierten Musterländle Baden-Württemberg:

„Für das Jahr 2015 ergaben sich aufgrund vertiefter Kontrollen und der Amtshilfe des Bundeskartellamts Hinweise, die zu Nachprüfungen führten.“

Ergebnis nach Angaben des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in Baden-Württemberg: Bei allen Materialien wurden die Verwertungsquoten der Verpackungsverordnung verfehlt, also bei Pappe, Papier, Karton, Leichtverpackungen und Glas.

Branchengerüchten zufolge sollen Duale Systeme Geldzahlungen wegen der Verfehlung der Verwertungsquoten geleistet haben? Antwort des Landesumweltministeriums in Stuttgart:

„Dies sind keine Gerüchte. Es handelt sich entweder um Bußgelder oder um Gewinnabschöpfungen, die mit dem Ordnungswidrigkeitengesetz explizit und für solche Fälle eingeführt wurden. Die Verfahren sind noch nicht komplett abgeschlossen. Eine zusammenfassende Information erfolgt nach Abschluss der Verfahren, die sich in Summe noch mindestens bis Ende November hinziehen werden.“

Auch der Experte Wilts macht nach dem Bericht des Spiegels eine ernüchternde Rechnung auf:

„Von den gut 14 Millionen Tonnen neuen Kunststoffs, die 2017 in Deutschland verarbeitet wurden, flossen am Ende nur 0,8 Millionen Tonnen tatsächlich wieder in den Kreislauf zurück. Der große Rest wurde in Kraftwerken verbrannt, exportiert, oder wanderte als Ersatzbrennstoff in die Zementindustrie. Und im ersten Halbjahr 2018 exportierten die Deutschen allein 84.000 Tonnen Kunststoffreste nach Malaysia. Setzt man die Ausgangsmenge von gut 14 Millionen Tonnen ins Verhältnis zu den 800.000 Tonnen Gebrauchtmaterial, die wieder in die Plastikproduktion fließen, kommt man auf eine harte Recyclingquote von nur 5,6 Prozent. Als Konsequenz fordert Wilts, den Einsatz von recyceltem Material bei der Plastikherstellung zu ‚erzwingen‘. Entweder durch steuerliche Begünstigungen für Unternehmen oder gesetzlich festgelegte Mindestquoten für den Einsatz von vorher recycelten Stoffen in neuen Produkten. Gleichzeitig müsse die Subventionierung der Plastikherstellung beendet werden: Absurderweise ist Rohöl steuerfrei, wenn es zu Plastik verarbeitet wird. Unternehmen müssten zudem für die Verschmutzung der Umwelt verantwortlich gemacht werden können. ‚Für eine leere Flasche am Strand von Myanmar muss ich denen eine Rechnung schicken können‘, sagt Wilts. Eine Hersteller-Zuordnung sei technisch bereits möglich. Dafür werden etwa Fluoreszenzcodes genutzt, die im Plastikmaterial integriert sind und von Scannern ausgelesen werden können“, führt der Spiegel aus.

In unserer studentischen Next Economy Open-Session schilderte Wilts, wie Exporte von Plastikmüll über die Spotmärkte abgewickelt werden.

Und wenn man weiß, wie das Regime der Gelben Tonnen und Säcke über die großen Handelskonzerne gesteuert wird, wundert mich gar nichts mehr.

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