#vdav eprivacy-Rechtsverordnung der EU realitätsfern und undurchführbar

Die EU-Kommission hat am 10. Januar 2017 den Entwurf einer Rechtsverordnung zum zukünftigen Umgang mit personenbezogenen Daten in der elektronischen Kommunikation vorgelegt – die eprivacy-Richtlinie.

„Mit Art. 15 des Entwurfs haben die Brüsseler Experten allerdings Regelungen formuliert, die nicht nur vollkommen an der Realität vorbeigehen, sondern auch schlicht undurchführbar sind“, so der Verband Deutscher Auskunfts- und Verzeichnismedien (vdav).

Informationspflichten über die Eintragungen in Kommunikationsverzeichnissen und Telefonverzeichnissen sollen den Verlegern oder Auskunftsbetreibern auferlegt werden.

„Dass diese in der Regel keinen Kontakt zu den Personen haben, die dort gefunden werden möchten und schon aufgrund anderer datenschutzrechtlicher Vorschriften gar keinen Kontakt zu diesen aufnehmen dürfen, haben die Brüsseler schlicht übersehen“, kritisiert der vdav.

Würde Artikel 15 in der vorgelegten Form Rechtskraft erlangen, wäre dies nicht nur das Aus für Kommunikationsverzeichnisse mit den Kontaktdaten Privater wie Das Örtliche oder Das Telefonbuch, sondern auch für die Telefonauskunft. Dies nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Die von der Kommission kommunizierten Ziele wie Entbürokratisierung, optimierter Datenschutz, fairer Wettbewerb und optimierte Kommunikationsmöglichkeiten werden so nicht nur nicht erfüllt, sondern in Gänze konterkariert.

Art 15 konkretisiert erstmals, dass die „Betreiber öffentlich zugänglicher Verzeichnisse“ das Einverständnis der in den Verzeichnissen eingetragenen natürlichen Personen einholen und sie über die weiteren Einzelheiten, die mit einer Eintragung verbunden sind, informieren müssen. In Deutschland beruht die Veröffentlichung der Kontaktdaten bereits seit rund zwei Jahrzehnten auf dem Antrag der Teilnehmer (Paragraf 104 TKG).

Dieser Antrag wird beim Abschluss eines Vertrags mit einem Carrier oder Provider am so genannten Point of Sales, also im Shop des Anbieters, gestellt, bei Abschluss eines Vertrags im Internet über entsprechend auszufüllende Formulare, die den Vertragsunterlagen beigefügt sind.

Die Directory-Provider in Deutschland – in vielen anderen Mitgliedsstaaten der EU ist die Situation identisch – verfügen über keinerlei Kontakt zu Subscribern oder Endnutzern, ja dürfen aufgrund der bereits geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen auch gar keinen Kontakt zu diesen aufnehmen.

Endnutzer, die über ihre Eintragungsmöglichkeiten nicht informiert wurden oder diese Möglichkeit nicht zur Kenntnis genommen haben, sind für die Verzeichnisanbieter darüber hinaus nicht zu identifizieren, ein Kontakt zu diesen ist bereits faktisch unmöglich.

Betreiber von Verzeichnisdiensten sind nach Auffassung des vdav nicht in der Lage, den in Art 15 des Entwurfs festgelegten Verpflichtungen nachzukommen:

„Die seit Jahrzehnten bewährte Systematik, dass die Kommunikationsdaten vom Anbieter der elektronischen Kommunikationsdienste aufgenommen werden, muss daher zwingend beibehalten werden.“

Bei den personenbezogenen Daten handelt es sich um Namen und Kommunikationsadressen, die zur Aufrechterhaltung einer möglichst breiten, barrierefreien und netzwerkunabhängigen Kommunikation zwingend notwendig sind.

Zudem dürfen diese Daten nur für Verzeichnis- und Auskunftszwecke genutzt werden. Eine darüber hinaus gehende Verwendung der Daten etwa für Zwecke des Direktmarketings ist nicht gestattet. Es handelt sich hier lediglich um die Veröffentlichung und Nutzung von Daten zur Ermöglichung von Kommunikation. Insofern sei es nicht nachvollziehbar, so der vdav, warum eine ausdrückliche Einwilligung der Endnutzer erforderlich sein müsste. Tatsächlich wird in der überwiegenden Mehrheit der Mitgliedsstaaten den Endnutzern auch bislang ein einfach auszuübendes Widerspruchsrecht gegen die Veröffentlichung seiner Daten eingeräumt, das zudem dem Datenschutzbedürfnis der Endnutzer vollkommen genüge leistet.

„Die negativen Folgen einer schon aus Unkenntnis über die Regelung und deren Folgen nicht abgegebenen Einwilligung werden vielfach erst nach Monaten wahrgenommen und sind dann kaum noch zu heilen. In der Praxis heißt dies, dass nicht wenige Kunden erst Wochen nach einem Vertragsabschluss oder einer Vertragsänderung feststellen, dass sie über einen Auskunfts- oder Verzeichnisdienst nicht mehr gefunden werden können. Vielen wurde die Notwendigkeit einer zwingenden Willenserklärung dafür am Point of Sales nicht erläutert, sie haben die Regelung selbst oder aber die Folgen schlicht nicht verstanden oder damit andere Belastungen (Direktmarketing, Spam etc.) in Verbindung gebracht, obwohl sie de facto weiterhin gefunden werden wollen. Ein klares, einfach und unkompliziert auszusprechendes ‚NEIN‘ wird unseres Erachtens gerade in dieser Hinsicht auch auf Seiten der überwiegenden Mehrheit der Endnutzer als vollkommen ausreichend angesehen und trägt dem Schutzbedürfnis – wie auch die weitestgehend kritiklose Nutzung von Diensten wie WhatsApp deutlich belegt – vollkommen und umfassend Rechnung.“

Aufgrund der ausgeprägten Wettbewerbssituation in Deutschland gibt es flächendeckend mindestens zwei, in bestimmten Regionen auch weitere Verzeichnisse mit Kommunikationsdaten natürlicher Personen, die von verschiedenen Verzeichnisanbietern angeboten werden. Hinzu kommen weitere Online- und mobile Angebote. Allein zum Betrieb einer Telefonauskunft hat die Bundesnetzagentur entsprechende Rufnummern an rund 50 Unternehmen vergeben, die – bis auf die wenigen Carriereigenen Auskunftsdienste – alle selbst eine solche Einwilligung einholen müssten.

Müsste jeder einzelne dieser Anbieter ein eigenes Opt-In einholen und den Endnutzer entsprechend informieren, würde dies dazu führen, dass mehrere Dutzend Verzeichnis- und Auskunftsanbieter jeweils die Genehmigung jedes einzelnen Teilnehmers einholen müssten.

Schon bei zwei verschiedenen Anbietern würde sich der Endnutzer über Gebühr belästigt fühlen, was dazu führen könnte, dass er bereits aus diesen Gründen einer Einwilligung kritisch oder ablehnend gegenüber steht und aus diesen nicht tatsächlichen Gründen sein Opt-In verweigert.

Die im Entwurf formulierte Regelung sei auch aus diesem Grund nicht zweckmäßig und würde einen fairen Wettbewerb sowie den Markteintritt neuer Player oder neuer Angebote ohne Notwendigkeit über Gebühr beschränken, resümiert der vdav.

Von gleichen Wettbewerbsbedingungen mit den Silicon Valley-Datenkraken kann wohl nicht mehr die Rede sein. Wie seht Ihr das?

Thema wird auf dem Branchentreff des vdav in Berlin sicherlich intensiv diskutiert.

Hier die Stellungnahme des vdav. 

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